Dienstag, 14. Juni 2011
Absturz in die Lebensfreude
Juha Marsalas Performanceprojekt "The Last Dance of Martin Zsrčković" Freiburger im E-Werk.
Gemeinhin sind es nicht kleine Quader, die bei Tanzperformances springen. Auf der Bühne im Freiburger E-Werk ist es tiefschwarz, bis auf einen Lichtfleck, den eine altmodische Stehlampe wirft. Und irgendwo rutscht ein Würfel über den Boden, hüpft kurz auf. Eine Hand greift von unten durch die Pappfläche nach ihm, Flurin Kappenberger taucht einen Arm in das Loch. Es gibt Händel zwischen ihm und dem Unsichtbaren und kurz darauf ist auch er verschwunden. Einfach abgestürzt. Und abgestürzt ist dieser Martin Zsrckovic wirklich, dessen letzter Tanz nach einer langen Kneipentour nun als Performanceprojekt von bewegungs-art zu sehen ist. Dann ist auf einmal die Abdeckung weg und legt den Blick frei auf unzählige Weinkisten am Boden. Keine schlechte Bilanz für einen Abend – ein wenig später bilden sie die kleine Mauer vor der Pappe, die nun an der Wand lehnt.
Bei der letzten Ausgabe des Tanzfestivals war Juha Marsalo mit seinem Stück "Prologue d’une scène d’amour" zu Gast, nun ist er für das Performanceprojekt "The Last Dance of Martin Zsrckovic" zurückgekehrt. Wie sehr der Finne vom physischen Stil des belgischen Choreographen Wim Vandekeybus beeinflusst ist, in dessen Compagnie er lange tanzte, ist auch an diesem Abend zu sehen, der in Zusammenarbeit mit acht jungen Tänzerinnen und Tänzern entstand (Nathalie Cadet, Laura Heinecke, Lea Kieffer, Alyssa Lynes, Anna Neuber, Daniela Vitale, Flurin Kappenberger, Oleg Kaufmann).
Wer Goran Bregovics Hochzeitsmusik vom Balkan als Soundtrack für einen Tanzabend auswählt, gibt einiges an Tempo vor. Und kaum mag Martin Zsrckovic gedacht haben, wie schön es jetzt wäre, sich im Sessel ausstrecken zu können, schiebt ihm schon jemand diesen unter, und eben erst keimt in ihm der Gedanke an einen Kaffee, drückt ihm jemand unverzüglich eine Tasse in die Hand. Milch? Und schon ist da ein Kühlschrank. Gar warme Milch? Und gleich öffnet sich die Türe einer Mikrowelle. Und bevor dieses gespenstische Möbelballett dann doch langatmig werden könnte, ist der Spuk vorbei und all die Schränke, Spiegel und Tischchen verschwinden auf der Seite und lassen die Tanzfläche frei.
Ganz ähnlich jedoch wird die Compagnie im Laufe des Abends Tänzerinnen und Tänzer wie Spielfiguren zwischen den anderen absetzen, die sofort in Bewegung explodieren. "The Last Dance of Martin Zsrckovic" ist ein rasanter Abend mit viel Humor. Die Körper, aber auch die Kisten und immer wieder Pappe sind Spielmaterialien. Einmal surfen die Performer quer über die Bühne. Die Tänzer stehen auf Pappen, die sie ruckartig auf die andere Seite befördern. Wer dort angelangt ist, fängt gleich von vorne an. Ein anderes Mal brechen Bregovics’ vorantreibende Bläser unvermittelt ab und eine der Tänzerin streckt die Arme nach oben aus, wiegt die Hüfte. Allein als Trockenübung funktioniert es nicht. Ansonsten ist alles ein Anrennen und Hineinspringen in die Bewegung, in Hebefiguren und Formationen. Nichts verebbt. Das hohe Tempo nimmt Ungenauigkeiten in Kauf, verbreitet an diesem Abend jedoch ausgesprochen viel Lebensfreude.
Manchmal wirkt es wie Adaptionen von Kampftechniken, dann wieder verändert sich durch eine Bewegung das Kräfteverhältnis eines Paares. In einer der leiseren Sequenzen umrundet eine der Tänzerinnen ihren Partner auf den Händen der anderen. Wo immer ihr Fuß hintritt, wird er von den Händen der anderen umfangen. Gegen Ende jedoch zieht das Zimmer Martin Zsrckovics alles wieder an sich, als sei es nur die Fantasie eines Alkohol umnebelten Hirns gewesen. Es gibt Nächte, die sind das Kopfweh des nächsten Tages einfach wert.
Gemeinhin sind es nicht kleine Quader, die bei Tanzperformances springen. Auf der Bühne im Freiburger E-Werk ist es tiefschwarz, bis auf einen Lichtfleck, den eine altmodische Stehlampe wirft. Und irgendwo rutscht ein Würfel über den Boden, hüpft kurz auf. Eine Hand greift von unten durch die Pappfläche nach ihm, Flurin Kappenberger taucht einen Arm in das Loch. Es gibt Händel zwischen ihm und dem Unsichtbaren und kurz darauf ist auch er verschwunden. Einfach abgestürzt. Und abgestürzt ist dieser Martin Zsrckovic wirklich, dessen letzter Tanz nach einer langen Kneipentour nun als Performanceprojekt von bewegungs-art zu sehen ist. Dann ist auf einmal die Abdeckung weg und legt den Blick frei auf unzählige Weinkisten am Boden. Keine schlechte Bilanz für einen Abend – ein wenig später bilden sie die kleine Mauer vor der Pappe, die nun an der Wand lehnt.
Bei der letzten Ausgabe des Tanzfestivals war Juha Marsalo mit seinem Stück "Prologue d’une scène d’amour" zu Gast, nun ist er für das Performanceprojekt "The Last Dance of Martin Zsrckovic" zurückgekehrt. Wie sehr der Finne vom physischen Stil des belgischen Choreographen Wim Vandekeybus beeinflusst ist, in dessen Compagnie er lange tanzte, ist auch an diesem Abend zu sehen, der in Zusammenarbeit mit acht jungen Tänzerinnen und Tänzern entstand (Nathalie Cadet, Laura Heinecke, Lea Kieffer, Alyssa Lynes, Anna Neuber, Daniela Vitale, Flurin Kappenberger, Oleg Kaufmann).
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Wer Goran Bregovics Hochzeitsmusik vom Balkan als Soundtrack für einen Tanzabend auswählt, gibt einiges an Tempo vor. Und kaum mag Martin Zsrckovic gedacht haben, wie schön es jetzt wäre, sich im Sessel ausstrecken zu können, schiebt ihm schon jemand diesen unter, und eben erst keimt in ihm der Gedanke an einen Kaffee, drückt ihm jemand unverzüglich eine Tasse in die Hand. Milch? Und schon ist da ein Kühlschrank. Gar warme Milch? Und gleich öffnet sich die Türe einer Mikrowelle. Und bevor dieses gespenstische Möbelballett dann doch langatmig werden könnte, ist der Spuk vorbei und all die Schränke, Spiegel und Tischchen verschwinden auf der Seite und lassen die Tanzfläche frei.
Ganz ähnlich jedoch wird die Compagnie im Laufe des Abends Tänzerinnen und Tänzer wie Spielfiguren zwischen den anderen absetzen, die sofort in Bewegung explodieren. "The Last Dance of Martin Zsrckovic" ist ein rasanter Abend mit viel Humor. Die Körper, aber auch die Kisten und immer wieder Pappe sind Spielmaterialien. Einmal surfen die Performer quer über die Bühne. Die Tänzer stehen auf Pappen, die sie ruckartig auf die andere Seite befördern. Wer dort angelangt ist, fängt gleich von vorne an. Ein anderes Mal brechen Bregovics’ vorantreibende Bläser unvermittelt ab und eine der Tänzerin streckt die Arme nach oben aus, wiegt die Hüfte. Allein als Trockenübung funktioniert es nicht. Ansonsten ist alles ein Anrennen und Hineinspringen in die Bewegung, in Hebefiguren und Formationen. Nichts verebbt. Das hohe Tempo nimmt Ungenauigkeiten in Kauf, verbreitet an diesem Abend jedoch ausgesprochen viel Lebensfreude.
Manchmal wirkt es wie Adaptionen von Kampftechniken, dann wieder verändert sich durch eine Bewegung das Kräfteverhältnis eines Paares. In einer der leiseren Sequenzen umrundet eine der Tänzerinnen ihren Partner auf den Händen der anderen. Wo immer ihr Fuß hintritt, wird er von den Händen der anderen umfangen. Gegen Ende jedoch zieht das Zimmer Martin Zsrckovics alles wieder an sich, als sei es nur die Fantasie eines Alkohol umnebelten Hirns gewesen. Es gibt Nächte, die sind das Kopfweh des nächsten Tages einfach wert.